Hildegard Hammerschmidt-Hummel - Homepage
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Aktualisiert: 27. November 2007 / updated: 27.October 2007

William Shakespeare:
Seine Zeit - Sein Leben - Sein Werk

[William Shakespeare: His time - his life - his work]

 

d. Interviews / Interviews

Siehe auch Inhalt / Contents

„Ten minutes with ... Hildegard Hammerschmidt-Hummel“,
Family History Monthly
No. 151
(Christmas 2007), p. 12.



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Interview “‘Die Religion ist der Schlüssel zu seinem Leben und Werk’. Wissenschaftlerin zu ihrer These vom Katholiken Shakespeare”, Katholische Nachrichtenagentur (KNA) 52 (1. Juli 2003) (Interviewer: Monika Lissok).

Hildegard Hammerschmidt-Hummel, Mainzer Literaturwissenschaftlerin, ist davon überzeugt, dass die Religion der Schlüssel zum Verständnis von Leben und Werk des Dichters William Shakespeare(1564-1613) ist. Ihre These, dass der englische Nationaldichter engagierter Katholik und für die damals in England verbotene und verfolgte katholische Kirche im Untergrund tätig gewesen sei, erläuterte sie am Freitag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

KNA: Frau Professor Hammerschmidt-Hummel, Ihre These vom heimlichen Katholiken Shakespeare ist nicht neu. Neu sollen aber laut Verlagsmitteilung ”Text- und Bildbelege” sein, die Sie dafür in Ihrer jetzt erschienenen Shakespeare-Biographie präsentieren. Was sind das für Belege?

Hammerschmidt-Hummel: Wiederholt wurde schon vermutet, Shakespeare sei Katholik gewesen. In meinem Buch “Die verborgene Existenz des William Shakespeare” (2001) habe ich erstmals umfassend den Beweis geführt, dass der Dichter sich zum katholischen Glauben bekannte und im Geheimen für ihn eintrat. Dabei stellte sich heraus: Shakespeare wurde in ein katholisches Umfeld hineingeboren. Seine Eltern, Verwandten, Lehrer und Freunde waren heimliche Katholiken mit Kontakten zu den jesuitischen Missionspriestern. Sein Vater John Shakespeare mußte sich als Verweigerer des anglikanischen Gottesdienstes und Abendmahls verantworten, und er besaß ein schriftliches katholisches Glaubensbekenntnis, was ihn zum Hochverräter machte. Einer der wichtigsten Beweise für das Engagement des Dramatikers im damals in England verbotenen Katholizismus ist ein Dokument, das seinen Kauf des östlichen Torhauses von Blackfriars in London im Jahre 1613 belegt. Dieses Torhaus war die geheime Anlaufstelle für verfolgte Katholiken. Durch einen Treuhändervertrag juristisch abgesichert, wurde die Nutzung des Torhauses auch über Shakespeares Tod hinaus sicher gestellt.

Zu den neuen Belegen gehört eine Textstelle in der autobiographischen Schrift Groatsworth of Wit des Londoner Dramatikers Robert Greene, die bislang in ihrer Bedeutung nicht erkannt wurde. In ihr wird Shakespeares Tätigkeit in der Zeit von 1585 bis 1592, in den sogenannten verlorenen Jahren, beschrieben. Über diesen Zeitraum im Leben des Dichters war bisher nichts bekannt. Wie diese, von mir erstmals im religionspolitischen Kontext der Zeit erschlossene Quelle aus dem Jahre 1592 offenbart, war Shakespeare in dieser Zeit ”ein absoluter Vermittler im Dienst der Priester”. In dem bisher unbeachtet gebliebenen Schriftzeugnis “L’Envoy to Narcissus” des elisabethanischen Autors Thomas Edwardes aus dem Jahre 1595 wird von Shakespeare gesagt, er “unterscheide sich sehr von seinen Mitmenschen” und er ”schlage seine Zelte unter Klosterdächern auf”. Klöster, die zuvor das Erscheiungsbild englischer Landschaften und Städte, vor allem Londons, geprägt hatten, gab es zur Shakespeare-Zeit in England nicht mehr. Sie waren von Hrich VIII. aufgelöst, zerstört oder zu Adelsresidenzen umgebaut worden Der Dichter kann nur in Klöstern auf dem Kontinent logiert haben.

KNA: Vor allem englische Shakespeare-Forscher sind skeptisch, wenn es um die Religionszugehörigkeit des Dichters aus Stratford geht. Warum?

Hammerschmidt-Hummel: Die Frage nach dem religiösen Bekenntnis eines Autors der frühen Neuzeit ist von besonderer Relevanz. Die Religion spielte eine zentrale Rolle und ist der Schlüssel zu Leben und Werk. Auf Grund werkinterner Hinweise wurde im 19. Jahrhundert vermutet, der Dichter könne Katholik gewesen sein. In der maßgeblichen englischsprachigen Shakespeare-Forschung aber fand dies keine Akzeptanz. Hinweise auf Shakespeares Katholizismus ließ man nicht gelten. So wurde um 1900 sogar die schriftliche Äußerung eines protestantischen Geistlichen aus dem 17. Jahrhundert, Shakespeare sei als “Papist” gestorben, als “müßiges Geschwätz” zurückgewiesen. Aussagen dieser Art waren unerwünscht, drohten sie doch das jahrhundertealte fest gefügte Bild vom protestantischen Nationaldichter Englands zu beschädigen und einen Mythos zu zerstören.

KNA: Mit Hilfe des zuständigen Sachverständigen beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden konnten Sie 2001 nachweisen, dass das kanadische Sanders-Porträt nicht William Shakespeare darstellt. Auf der Basis eines eines BKA-Bildgutachtens aus dem Jahre 1995 gelang Ihnen der Echtheitsnachweis für die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske und zwei Porträts des englischen Nationaldichters. Hat Ihnen das BKA auch bei der Aufdeckung der Tätigkeit Shakespeares im katholischen Untergrund geholfen oder wie kamen Sie ihm auf die Spur?

Hammerschmidt-Hummel: Natürlich war das BKA, dessen Unterstützung ich ausschließlich zur Klärung offener Identitätsfragen in Anspruch genommen habe, nicht an meinen Forschungen über Shakespeares Engagement im katholischen Untergrund beteiligt. Hier waren langwierige Studien bekannter und neu zu erschließender Quellen erforderlich, und ich mußte aufwändige Forschungsreisen zu den historischen Schauplätzen in England, Frankreich und Italien unternehmen. Ferner war die Aufarbeitung jener wichtigen Teilbereiche der elisabethanisch-jakobäischen Geschichte unverzichtbar, die in der nachfolgenden englischen Historiographie ausgeblendet und nicht selten bagatellisiert worden waren. Den Anstoß zu meinen Forschungen gab ein Bildnis des Dichters: das Flower-Porträt, unter dem sich - wie eine Röntgenuntersuchung gezeigt hatte - ein wertvolles Madonnenbild aus dem 15. Jahrhundert befand. Marienbildnisse, Rosenkränze, schriftliche katholische Glaubensbekenntnisse andere “katholische” Gegenstände aber waren im protestantischen England verboten und stellten, da sie als Beweismittel für den Katholizismus ihrer Besitzer galten, eine lebensbedrohliche Gefahr dar.

KNA: Warum ist es für Sie so wichtig zu wissen, ob Shakespeare katholisch war?

Hammerschmidt-Hummel: Das Wissen um Shakespeares Katholizismus und sein entschiedenes Engagement im katholischen Untergrund ermöglicht es uns, die Ungereimtheiten seines Lebens besser verstehen zu können. Zum Beispiel, dass der Dramatiker nicht in Oxford oder Cambridge studieren konnte, weil dort jeder Studierende den Suprematseid, den Eid zur Anerkennung der kirchlichen Oberhoheit der englischen Königin, ablegen mußte. Es erklärt, warum wir bisher über seine ”verlorenen Jahre” nichts wußten, warum er seine erste Arbeit als Dichter, “Venus and Adonis”, einem katholischen Patron, dem Grafen von Southampton, widmete, warum er William Cecil, den Ersten Minister Elisabeths I. und Architekten der rigiden antikatholischen Strafgesetze, in Hamlet als Polonius lächerlich macht und wie eine Ratte umkommen läßt, und warum er beim Tod der Königin, der er viel verdankte, keine Zeile des Gedenkens schrieb. Die Tatsache, dass Shakespeare ein engagierter heimlicher Katholik war, ist nicht nur als Hintergrundwissen für die Entstehung seiner Dramen von großer Bedeutung, sondern auch für das Deuten und Verstehen wichtiger Textstellen. Die um 1601 einsetzende große Wende zum Tragischen in Shakespeares Dramen, über deren Ursachen man bisher vergeblich gerätselt hatte, erklärt sich nun vor dem Hintergrund seiner Verwicklung in die atemberaubenden politischen Ereignisse jener Zeit.

Interview: Monika Lissok
SW-2003/VI/1536 - Funk voraus 27.6.2003

Hinweis: Hammerschmidt-Hummel, Hildegard: William Shakespeare. Seine Zeit - Sein Leben - Sein Werk, Verlag Philipp von Zabern, Mainz, 2003, 399 Seiten, 151 Farb- und 97 Schwarzweißabbildungen, 51 Euro.


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