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Aktualisiert: 26. August 2013 / updated: 26 August 2013

 

Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares. Die Totenmaske des Dichters und Bildnisse aus drei Lebensabschnitten
(Hildesheim: Verlag Olms, 2006), XII und 200 S., mit ca. 130 Abbildungen, davon ca. 90 in Farbe.

 

f. Interviews

Hildegard Hammerschmidt-Hummel - Interview in „Today“, BBC RADIO 4 (23 Februar 2006), 7.35 Uhr http://news.bbc.co.uk/1/hi/entertainment/4742716.stm

A new book on Shakespeare is claiming that the playwright died of cancer. The book is called ‘The True Face of William Shakespeare’, and the author is Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel, who says she has also solved the mystery of what Shakespeare looks like.

 

BBC: Shakespeare died of cancer. At least that’s the conclusion of research for a new book ‘The True Face of William Shakespeare’. It also claims to have solved of what he looked like. The book’s author, Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel from the University of Mainz, is on the line. Good morning.

HHH: Good morning.

BBC: How did you work out what he looked like?

HHH: Well, we applied several tests of identification, as, for instance, laser scanning, computer montages, photogrammetry and the so-called trick image differentiation technique ...

BBC: This is all portraits ...

HHH: Well, let me say, we now have a wonderful new image, it’s a terracotta bust, by far the most beautiful likeness of the poet, and one that gives us a loftier idea of his personality and his intellectuality than all the other portraits, except the death mask. And this was possible because there was one main precondition, and that is: The artists at the time of Shakespeare depicted their sitters realistically and accurately ...

BBC: But many people say that these portraits that you are using and the bust and the death mask aren’t of Shakespeare in the first place.

HHH: ... We have a perfect basis for examination, and that is the Droeshout engraving and the funerary bust of Shakespeare ... All the portraits and the new bust have been compared to these images, to the death mask, the Chandos and the Flower portrait, and they are all in perfect agreement, they form a perfect match ...

BBC: Professor, you are suggesting as well they all show a lump which you believe to be cancer.

HHH: Exactly, it is the so-called Mikulicz syndrome. That is an illness of the tear glands. ... It affected the whole system. Now we know he suffered from an systemic illness, an inner illness that takes a long course. It leads definitely to death. ...

BBC: Professor Hildegard Hammerschmidt-Hummel. I’m sure, that will get them all going ... Thank you very much.

 

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Interview mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel am 9. Mai 2006 anläßlich der Veröffentlichung ihren Buchs Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares. Die Totenmaske des Dichters und Bildnisse aus drei Lebensabschnitten (Hildesheim: Verlag Olms, 2006)
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Das Interview wurde zum Abdruck in Ibykus. Zeitschrift für Poesie, Wissenschaft und Staatskunst. angenommen

Die Fragen stellten Muriel Weißbach-Mirak und Elisabeth Böttiger.

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Frau Hammerschmidt-Hummel, Sie haben in Ihrem neuen Buch die Identität und Lebensechtheit der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske, des Chandos-Porträts, des Flower-Portäts und der Davenant-Büste nachgewiesen. Dabei haben nicht nur historische Quellen neu erschlossen, sondern sich auch neuerer und neuester technischer Verfahren zur Feststellung der Identität bedient, darunter Verfahren des Bundeskriminalamts. Wie kamen Sie dazu?

Alles begann mit meinem langjährigen DFG- und Akademie-Forschungsprojekt ‘Die Shakespeare-Illustration’, der Erarbeitung einer dreibändigen Edition von über 3000 Shakespeare-Illustrationen aus fünf Jahrhunderten auf der Grundlage der Sammlung des Shakespeare-Bildarchivs an der Mainzer Akademie der Wissenschaften, die ich ab Ende 1982 von rund 1600 auf über 7000 Bildwerke aufstocken konnte. Während der Abfassung des einleitenden historischen Überblicks glaubte ich, unter Heranziehung eines authentischen Vergleichsporträts auf der frühesten Illustration zu einem Shakespeare-Stück (Titus Andronicus) aus dem Jahre 1594, den ersten großen Shakespeare-Darsteller, Richard Burbage, erkennen zu können. Daraus ließ sich schließen, daß die Titelrolle wohl von Shakespeare selbst gespielt worden war. Denn zusammen mit Burbage führte er die damals neu formierte Theatertruppe The Chamberlain’s Men an. Mir war klar, daß ich diese kühne These von kompetenter Seite absichern lassen mußte. Denn erfahrungsgemäß werden erst einmal heftige Zweifel angemeldet, wenn es etwas Neues zu Shakespeare gibt. Ich wandte mich daher an den damaligen Präsidenten des Bundeskriminalamts, dessen Experten für die Identifizierung bildlich dargestellter Personen zuständig sind. Es war nicht ganz einfach, und es bedurfte einer gewissen Wartezeit, bis ich schließlich dem langjährigen BKA-Sachverständigen, Reinhardt Altmann, mein Bildmaterial unterbreiten durfte. Meine These, daß es sich tatsächlich um den Star-Schauspieler der Shakespeare-Truppe handelt, der in der Rolle der von Titus Andronicus besiegten Goten-Königin Tamora abgebildet ist, wurde durch Altmanns gutachterliche Stellungnahme voll bestätigt.
Bei dieser ersten Begegnung wurde der Grundstein für eine weitere fruchtbare Zusammenarbeit gelegt: Es ging um die Echtheitsuntersuchungen für die Shakespeare-Porträts ‘Chandos’ (National Portrait Gallery, London) und ‘Flower’ (Royal Shakespeare Company Collection, Stratford-upon-Avon) und die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske in der Universitäts- und Landesbibliothek in Darmstadt. Später kam die Davenant-Büste hinzu, eine Terrakotta-Büste, die in dem noblen Londoner Garrick Club aufbewahrt wird.

Welchen Forschungstand fanden Sie vor und wie sind Sie weiter verfahren?

Gemäß altem Forschungsstand gab es kein einziges authentisches, d. h. nach dem Leben geschaffenes Bildnis William Shakespeares. Die entscheidenden Probleme, die es zu lösen galt, waren (1) die Feststellung der Identität der Dargestellten, (2) der Nachweis der Lebensechtheit, d.h. der lebens- bzw. naturgetreuen Wiedergabe, (3) die Aufarbeitung der bisher lücken- und fehlerhaften Geschichte der Bildnisse, (4) der Versuch, fehlerhafte Zuschreibungen an Künster zu korrigieren und die tatsächlichen Schöpfer der Werke zu ermitteln und (5) der Versuch, die Bildnisse zu datieren.
Eine Grundvoraussetzung meiner Forschungen war allerdings, daß die Künstler der Renaissance ihre Modelle absolut veristisch, d. h. detail- und naturgetreu wiedergegeben haben - und zwar mit allen Krankheitsmerkmalen. Ich habe diese kulturgeschichtlichen Besonderheiten gründlich erforscht und im einleitenden Teil meines Buches Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares anhand zahlreicher Beispiele dargestellt. Die Künstler der italienischen Renaissance arbeiteten - in Anlehnung an die römische Antike (insbesondere an Plinius d. Ä.) - präzise nach dem Leben oder nach Lebend- bzw. Totenmasken. Auf diese Weise entstanden Bildnisse (Büsten, Porträts, Medaillen etc.), die das Aussehen der lebenden oder verstorbenenen Individuen exakt wiedergeben. Auch die Büsten der Grabdenkmäler waren streng veristisch. Für Gelehrte und Dichter bildete sich sogar  ein eigener Grabdenkmaltyp heraus: Die sitzende Halbfigur in einer Wandnische - versehen mit den Zeichen ihrer einstigen Profession - und einer Inschrift, in der die Leistungen des Verstorbenen gerühmt wurden. Den gedruckten Werken von Autoren gab man im 16. Jahrhundert authentische Porträtstiche bei. Die ihnen beigefügten Verse bestätigten die Gesichtszüge der Abgebildeten, aber auch die Urheberschaft ihrer Werke. Text und Bild garantierten die ‘Werk-Autor-Identität’.
Alles dies trifft in besonderer Weise auch für die von mir untersuchten Bildnisse Shakespeares zu. Als Ausgangsbasis der Bildvergleiche haben zwei Wiedergaben des Dichters gedient, die zwar nach seinem Tod entstanden, aber bestätigte, exakte Abbildungen seiner Person sind: die Grabbüste Shakespeare in der Kirche zu Stratford und der Porträtstich in der ersten Werkausgabe.
Das Shakespearesche Grabmonument hat alle Ingredienzien eines tpyischen Dichter-Grabdenkmals jener Zeit: eine naturgetreue Büste, Feder und Papier, die Zeichen der Profession des Verstorbenen und vor allem rühmende Inschriften. Der Kopf der Büste, speziell das Gesicht, wurde ebenfalls nach einer Totenmaske geformt. Wie nun feststeht, war es die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske. Die Büste des Shakespeareschen Grabmonuments ist im Verlaufe ihrer Geschichte, vor allem während des englischen Bürgerkriegs im 17. Jahrhundert, stark beschädigt und später notdürftig wieder repariert worden. Es hat sich offenbar um fanatisierte puritanische Bilderstürmer gehandelt, denen der große Theaterdichter Shakespeare besonders verhaßt war. Die gelehrte lateinischsprachige Inschrift unter dieser Büste richtet sich an den gebildeten Besucher. Sie stellt den genialen Autor William Shakespeare aus Stratford-upon-Avon auf eine Stufe mit den großen Autoritiäten der Antike: Mit Nestor, Sokrates und Vergil. Die englischsprachige Inschrift wendet sich an den allgemeinen Betrachter. Da ich keine deutsche Übersetzung vorfand, habe ich diesen Teil der Inschrift selbst ins Deutsche übersetzt. Sie lautet:

Wandrer, verweil, warum gehst du so rasch nur vorbei?
Lies, wenn du kannst, wen der neidische Tod
an diese Stätte gebracht: Shakespeare,
mit dem Geist und Witz starben,
dessen Name sein Denkmal mehr ziert als kostbarster Schmuck:
Denn alles, was er verfasst und geschaffen,
wird die lebenden Dichter zu seinen Nachahmern machen.

Der Porträtstich in der First Folio Edition von 1623, dessen Züge von Shakespeares Dramatikerkollegen und Freund, Ben Jonson, in einem Epigramm als authentisch bestätigt wurden, das man dem Abbild beigab, dient gleichfalls der Feststellung der ‘Werk-Autor-Identität’. Wenn Jonson darüber hinaus erklärt, daß dieses Bildnis jedoch nicht den Geist Shakespeares wiederzugeben vermöge, so war dies nicht nur eine auf die Antike zurückgehende Konvention der Zeit, sondern auch eine besondere Ehrbezeugung gegenüber der Größe des Dargestellten. 
So viel zur kulturgeschichtlichen Einbindung der authentischen Shakespeareschen Bildzeugnisse. Das Grabmonument und der Porträtstich existieren seit nunmehr fast 400 Jahren, und das Denkmal hat seinen Ort in der Kirche zu Stratford nie verlassen.
Meine rund zehnjährigen kulturhistorischen Forschungen und meine ebensolange Zusammenarbeit mit dem BKA-Sachverständigen sowie zahlreichen anderen Experten, darunter Mediziner, Physiker, 3D-Vermessungsingenieure, Archivare und ein Experte für Alte Meister haben ergeben, daß alle vier oben genannten Bildnisse (das Chandos- und Flower-Porträt, die Davenant-Büste und die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske) dieselbe Person darstellen, nämlich William Shakespeare, und den Dichter in vier Lebensabschnitten zeigen. Für sie muß Shakespeare persönlich Modell gesessen haben. Die Totenmaske muß von seinem Gesicht abgeformt worden sein. Denn alle angewendeten Verfahren, darunter das Trickbilddifferenzverfahren des BKA, Photogrammetrie, Computertomographie und Laserscanning, sowie alle Montagen und Schnitte zeigten verblüffende Übereinstimmungen der Bildnisse mit den Vergleichsbildnissen, aber auch untereinander. Selbst feinste Details stimmten überein wie beispielsweise die Augenlidränder, die Lidspalten und die Lidplattenanteile des Oberlids. Die Identität der Dargestellten konnte auf diese Weise zweifelsfrei geklärt werden.

Sie haben nicht nur die Identität, sondern auch die Lebensechtheit der Bilder nachgewiesen. Wie sind Sie vorgegangen?

Von entscheidender Bedeutung war hier die Begutachtung durch fünf Fachmediziner, die aufgrund der exakten Wiedergabe der Krankheitssymptome auf den untersuchten Shakespeare-Bildnissen möglich war. Seit Jahrzehnten schon haben die Mediziner, insbesondere die Dermatologen, auf Portraits der Renaissance exakt umschriebene Krankheitsmerkmale diagnostiziert. So wurde auf einem Bildnis Galileis ein Keratoakanthom, ein erbsengroßer Tumor, festgestellt, der im mittleren Patientenalter von ca. 64 Jahren auftritt und nach rund 6 Monaten wieder verschwindet.
Nachdem ich auch auf den Bildnissen Shakespeares auffällige krankhafte Veränderungen bemerkt hatte, etwa eine starke Schwellung am linken Oberlid, eine Schwellung im linken inneren Augenwinkel und eine kreisrunde erhebliche Schwellung auf der Stirn, ließ ich diese von Fachmedizinern begutachten. Diese diagnostizierten das sogenannte Mikulicz-Syndrom, eine Erkrankung der Tränendrüsen, einen Karunkeltumor und - anhand einer starken Schwellung auf der Stirn in Verbindung mit Mikulicz-Syndrom und Karunkeltumor - eine systemische Sarkoidose, die - nach jahrelangem Verlauf - zum Tode führt.
Diese Krankheitsmerkmale stellen sich auf den untersuchten Bildern in unterschiedlichen Stadien dar. Mit zunehmendem Alter sind die Schwellungen gewachsen - auch die Schwellung im linken inneren Augenwinkel, die zum Zeitpunkt des Todes dick und dreilappig ist, wie ich durch Zufall auf einer alten Marmorkopie der Grabbüste herausfand. Ich habe dann die Totenmaske an dieser Stelle noch einmal untersuchen lassen. Denn diese hat ja als Vorlage für die Grabbüste gedient. An der Maske konnten - mittels Photogrammetrie - die Krater dieser dreilappigen Schwellung sichtbar gemacht werden. Dies war ein zusätzlicher, unabhängiger Beweis für die Echtheit der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske. Laut Auskunft der Mediziner war Shakespeare über viele Jahre hinweg ein kranker Mann. Aufgrund der mezinischen Befunde läßt sich nun schließen, daß der Dichter seine glänzende literarische Karriere in London wohl aus schwerwiegenden Krankheitsgründen vorzeitig beendet hat und möglicherweise an seiner schleichenden systemischen Erkrankung im Alter von nur 52 Jahren gestorben ist. In einer Quelle des 17. Jahrhunderts - es handelt sich um Notizen des englischen Antiquars John Aubrey - habe ich Angaben darüber gefunden, daß Shakespeare tatsächlich an Schmerzen gelitten hat.

Die ersten Ergebnisse liegen bereits länger zurück.

Die ersten Ergebnisse bezüglich der Echtheit des Chandos- und des Flower-Porträts und der Totenmaske konnte ich bereits 1995 der Öffentlichkeit vorstellen. Sie fanden damals ein großes internationales Echo. Bereits ein Jahr später gewährte mir die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein einjähriges Stipendium. Dies war eine schöne, mehr oder weniger offizielle Anerkennung meiner Ergebnisse, die mich sehr gefreut hat, mit der ich so früh gar nicht gerechnet hatte. Ich konnte in dieser Zeit äußerst wertvolle kulturhistorische Studien betreiben, die Geschichte der Bildnisse gründlichst erforschen und sie in ihren kulturgeschichtlichen Zusammenhängen betrachten. Das Forschungsstipendium war mit einem Reisestipendium verbunden, das mir ausgedehnte England-Aufenthalte ermöglichte. Ich bin damals quer durchs Land gefahren, habe Bibliotheken, Museen, Galerien und unzählige englische Kirchen mit Grabdenkmälern aus der Shakespeare-Zeit besucht und bin dabei - oft rein zufällig - auf zahlreiche neue oder neu zu erschließende Quellen gestoßen, die die Lösung vieler offenener Fragen im Zusammenhang mit der Auffindung und der bisher lücken- und fehlerhaft dargestellten Geschichte der Shakespeare-Bildnisse ermöglichten.

Es gab Personen, die der Meinung waren, die Totenmaske sei nicht echt. Zu ihnen gehörten Prof. Stanley Wells, ehemaliger Direktor des Shakespeare Institutes in Stratford-upon-Avon und derzeit Chairman des Shakespeare Birthplace Trust, ebenfalls  in Stratford.

Das ist richtig. Prof. Wells, den ich schon 1996 über die damals vorliegenden Ergebnisse informiert hatte, teilte mir seine Zweifel schriftlich mit: Ihm seien vor Oliver Cromwell (1599–1658) in England keine Totenmasken für Bürgerliche bekannt. Meine Erforschung des kulturgeschichtlichen Kontextes ergab jedoch, daß schon unter Heinrich VII. (1457-1509) die neuen künstlerischen Techniken unter Zuhilfenahme von Totenmasken nach England gelangten. Heinrich VII. hatte  den italienischen Bildhauer Pietro Torrigiano (1457-1528) ins Land geholt und mit der Errichtung seines Grabdenkmals (mit der veristischen Wiedergabe seines Körpers und Gesichts) beauftragt. So ergab es sich, daß auch  in England, und zwar bereits ab dem frühen 16. Jahrhundert und in großer Zahl im späteren 16. und frühen 17. Jahrhundert, Totenmasken als Hilfsmittel der Bildhauer verwendet wurden - insbesondere auch für herausragende Vertreter des Bürgertums, um ihre Gesichtszüge exakt nachzuformen. Die zahlreichen, in meinem neuen Buch publizierten Gegenbeispiele, etwa die Grabskulptur des Diplomaten und Geistlichen John Younge, 1467-1516, des Cornelius van Dun, gest. 1577, eines hohen Beamten unter Heinrich VIII., des Bischofs Giles Tomson in St. George’s Chapel in Windsor Castle (1553-1612), oder des elisabethanischen Dichters Michael Drayton, Westminster Abbey, 1563-1631) entkräften den Einwand von Stanley Wells. Für sie alle - wie für das Grabdenkmal Shakespeares - wurden Totenmasken verwendet, um für die Nachwelt  ein getreues Abbild des Verstorbenen zu schaffen und ihre Leistungen zu rühmen. Dies war der Beginn der Renaissance in England.

Es gab in der Vergangenheit Autoren, die die Echtheit der Maske in Frage gestellt haben.

Das stimmt. Blickt man auf die Geschichte der Maske zurück, so gibt es zwei sozusagen zwei Lager: das Lager der jenigen, die das Objekt nie gesehen, gleichwohl aber negativ geurteilt haben, und das Lager derjenigen, die es - nach sorgfältiger Untersuchung und Prüfung, soweit die damaligen Mittel dies zuließen - zu dem Ergebnis gelangten, die Totenmaske müsse echt sein.
Zu Ersteren gehören der einflußreiche englische Kunsthistoriker Marion H. Spielmann, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Shakespeare-Bildnisse gearbeitet hat. Er hat das Original der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske nie in Augenschein genommen; er machte sogar unzutreffende Angaben, indem er behauptete, die Inschrift ”+ Ao Dm 1616” erscheine auf der Rückseite der Maske dreimal. In Wirklichkeit aber wurde sie nur einmal angebracht. Zu diesem Lager gehörte auch der deutsche Totenmaskenexperte Ernst Benkard, der ganz offensichtlich Spielmann folgte und das Original wohl ebenfalls nicht inspiziert hat. Denn er beschreibt das Objekt unzutreffend, wie Kenner der Maske rügten. Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gab auch der namhafte amerikanische Shakespeare-Biograph Samuel Schoenbaum ein negatives Votum ab. Er stütze sich gleichfalls ausschließlich auf ‘die Autorität’ Spielmann und ließ neuere Forschungen aus den 1960er und 1980er Jahren, die Spielmanns Ergebnisse anzuzuweifeln begannen, nicht gelten. Auch Schoenbaum hatte Maske nie gesehen und gab einen falschen Aufbewahrungsort an.
Dem zweiten Lager gehörten unter anderem an: Prof. Richard Owen, Anatomieprofessor am Britischen Museum in London, der deutsche Anatom und Naturforscher Hermann Schaaffhausen von der Universität Bonn, der amerikanische Bildhauer William Page, Direktor der New York Academy of Design, der deutsche Historiker Paul Wislicenus, der deutsche Bildhauer Robert Cauer und der deutsche Literaturwissenschaftler Ernst Gundolf. Sie alle hatten das Original der Maske untersucht und begutachtet.
Prof. Owen war so überzeugt von der Echtheit der Maske, daß er bereit war, sie in den 1860er Jahren für das Britische Museum anzukaufen, hätte Dr. Ernst Becker, der Bruder des inzwischen verstorbenen Finders und Privatsekretär von Prinz Albert, den Beleg erbringen können, auf welchem Weg Shakespeares Totenmaske nach Deutschland gelangt war. Ich hatte im Juni 1995 das große Glück dieses Dokument aufzufinden, und zwar in einer handschriftlichen Familienchronik der reichsgräflichen Familie von Kesselstatt in Sütterlinscher Schrift. Das was schon erhebend. Der junge Graf Kesselstatt selbst, Kunstkenner, späterer Mainzer Domherr und der erste bekannte Eigentümer der Maske, war 1775 in London gewesen, wo er nicht nur die Totenmaske Shakespeares, sondern auch ein Totenbildnis von Shakespeares Dramatikerkollegen und Freund, Ben Jonson, erworben haben muß.
Schaaffhausen legte der ‘Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte’ im September 1873 seine positive kraniologische und physiognomische Begutachtung der Darmstädter Totenmaske vor.
Der bereits hochbetagte William Page, den Ansichten der Maske fasziniert hatten, hatte nur einen Wunsch, das Original persönlich zu sehen, zu vermessen und mit der Grabbüste Shakespeares zu vergleichen. So überquerte er 1874 den Atlantik - immer in Sorge, die große anstrengende Reise nicht zu überleben - und reiste nach Darmstadt, wo er die Maske eine ganze Woche lang gründlichst untersuchte und mit dem Zirkel ihre Maße abnahm, um sie mit der Grabbüste Shakespeares vergleichen können. Trotz festgestellter Differenzen, die er nicht hinreichend zu erklären vermochte, Page kam zu dem Ergebnis, die Maske müsse echt sein. Wenn man in England wüsste, so schrieb er später, welcher Schatz in Darmstadt verborgen liege, man würde alles dafür geben, in seinen Besitz zu kommen.
Auch Wislicenus und Cauer haben die Totenmaske und die Grabbüste mit dem Zirkel vermessen. Auch ihr Urteil lautete, daß es sich um die echte Totenmaske Shakespeares handeln müsse. Aber ebensowenig wie Page konnten sie die Unterschiede überzeugend erklären und keinen Nachweis dafür erbringen, wann und wie die Maske nach Deutschland gekommen war.
Ernst Gundolf hat im Shakespeare-Jahrbuch 1928 eine vernichtende Erwiderung auf die Einwände Benkards publiziert, die er als ”absonderlich” bezeichnet und von denen keiner stichhaltig sei (wie beispielsweise der Einwand, daß die Haare künstlich eingesetzt worden seien). Als Kenner des Originals hob Gundolf besonders hervor, daß alles ”organisch gewachsen” sei, was auch an den Stirnfalten, den Krähenfüßen unter den Augenlidern und der Hautfältelung unter dem Kinn für jedermann sichtbar sei.
Durchgesetzt aber hat sich Spielmann, der keine Untersuchungen vorgenommen hatte. Er veröffentlichte seine Meinung in der Encyclopaedia Britiannica des Jahres 1911. Damit wurde sie sozusagen gültige Lehrmeinung. Schoenbaum akzeptierte sie als korrekt und ließ nur sie gelten. Der angesehene Kunsthistoriker Spielmann hat - nach meiner Meinung - in puncto Shakespeare-Totenmaske verantwortungslos gehandelt.
Gegen diese am Ende des 20. Jahrhunderts noch immer gültige ‘Lehrmeinung’ mußte ich 1995 mit meinen völlig neuen, auf naturwissenschaftlicher Basis und mit Hilfe von Fachleuten erworbenenen Erkenntnissen ankämpfen und mich gegen sie durchsetzen. Die Tatsache, daß ich diese neuen Erkenntnisse überzeugend in ihre kulturgeschichtlichen Zusammenhänge einbinden konnte, hat zusätzlich noch den nötigen Nachdruck gebracht.

Was ist der Grund für Spielmanns ungewöhnliches Verhalten?

Ich vermute, dass er aus Neid und Missgunst gehandelt hat. Denn damals machte ein bedeutender englischer Literaturwissenschaftler von sich reden, dessen Shakespeare-Biographie 1898 erschienen war und ein Standardwerk wurde. Sein Name ist Sidney Lee. Er war der Mitherausgeber des damals gegründeten Dictionary of National Biography (DNB), für das er zahlreiche Artikel verfaßte. Wegen seiner Verdienste wurde er später geadelt. Dies und die Tatsache, daß Lee als Titelbild für seine Shakespeare-Biographie das damals neu entdeckte Flower-Porträt verwendete, das er für echt und für die Vorlage des Droeshout-Stichs in der ersten Werkausgabe hielt, hat Spielmann offensichtlich mit größtem Unbehagen betrachtet. Denn er wusste, dass der Co-Editor und eminente Beiträger des DNB sich sozusagen schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt hatte, dass dieses Werk fortgeschrieben werden würde (was ja auch der Fall war) und Lee großen Ruhm bringen würde. Geärgert hat Spielmann wohl insbesondere, daß Lee sich als Literaturwissenschaftler anmaßte, über die Echtheit des neu entdeckten Flower-Porträts zu urteilen. Er, der Kunsthistoriker, hat dann alles darangesetzt, ”nachzuweisen”, daß das Flower-Porträt nach dem Stich entstand und nicht umgekehrt. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Spielmann unbedingt zeigen wollte, daß dieses Bild erst nach 1623 gemalt worden sei und damit kein Porträt aus der Lebenszeit des Dichters sein könne. Er hat ein langes, ziemlich ermüdendes Buch vefaßt: The Title-Page of the First Folio of Shakespeare’s Plays (1924), in dem jedoch keine überzeugenden Argumente vorgelegt wurden. Spielmanns These von der Priorität des Stiches aber wurde akzeptiert - ähnlich wie seine These, daß die Darmstädter Shakespeare-Totenmaske nicht echt sei. Nur einer der englischen Shakespeare-Forscher - es war Edgar Fripp, Autor des eminenten Werks Shakespeare. Man and Artist (1938) -  wagte vierzehn Jahre später, wenngleich nur in einer Fußnote, zu widersprechen. Dort nahm Fripp kein Blatt vor den Mund und teilte mit, daß alles, was Spielmann über die Reihenfolge von Stich und Gemälde ausgeführt habe, ihn vom genauen Gegenteil überzeuge. Ich glaube, daß sich am Fall Spielmann verdeutlichen läßt, in welchem Ausmaß Emotionen wie Neid, gekränkte Eitelkeit etc. den Blick auf die Tatsachen verstellen, falsche Lehrmeinungen etablieren und die Akzeptanz gesicherter neuer Erkenntnisse ganz wesentlich erschweren kann.

Wir kommen nun zur Davenant-Büste. Dies ist eine besonders erfreuliche Entdeckung.

Die Ergebnisse, die ich zur Davenant-Büste vorlegen konnte, sind in der Tat recht erfreulich. Es handelt sich um ein einzigartiges Meisterwerk und zugleich um ein Repräsentationsbildnis, das den Dichter höchst eindrucksvoll und im Detail veristisch wiedergibt - selbst mit allen Krankheitsmerkmalen, sofern nicht im Verlaufe ihrer Geschichte versucht wurde, sie zu beseitigen. Als ich diese Büste das erste Mal sah, wurde ich von ihrer Ausdruckskraft innerlich zutiefst berührt.
Die Davenant-Büste wurde mit allen bereits für echt befundenen Shakespeare-Bildnissen (Chandos-Porträt, Flower-Porträt und Totenmaske) verglichen, aber auch mit den beiden Arbeiten, die 1995 als Ausgangsbasis gedient hatten (Grabbüste und Kupferstich). Es wurden die neuesten eingangs genannten technischen Verfahren eingesetzt - immer mit demselben Ergebnis der verblüffenden Übereinstimmung. Der BKA-Experte Reinhardt Altmann legte sogar den Schnitt durch das linke Auge der Davenant-Büste und kombinierte es mit demjenigen des Chandos-Porträt und des Flower-Porträts. Es stimmten selbst die feinsten Details der Lidspalte und der Lidfalten überein. Diese Stellen kennzeichnete der BKA-Experte in seinem Bildgutachten durch rote Pfeile.
Der Künstler der Davenant-Büste muß nach einer Lebendmaske gearbeitet haben, um Kenntnis von solchen Besonderheiten des Shakespeareschen Gesichts zu erhalten. Aber Shakespeare muß ihm auch Modell gesessen und ihm in die Augen gesehen haben, weil selbst eine Lebendmaske, deren Augen geschlossen sind, ihm nicht hätte sagen können, was sich im linken inneren Augenwinkel verbarg, nämlich jene ausufernde dreilappige Schwellung, deren Spuren noch heute sichtbar sind. Diese Schwellung dürfte vom Finder William Clift bereits im 19. Jahrhundert beseitigt worden sein. Die Konturen dieses Augenwinkels zeugen ebenfalls davon, daß sich in diesem Bereich einmal ein größerer Körper befunden haben muß, der Ober- und Unterlid wegdrängte. Solche Details konnte der Bildhauer nur kennen, wenn er den lebenden Shakespeare vor sich hatte.
Man hat bisher vermutet, dass diese Arbeit von dem in London lebenden französischen Bildhauer Louis François Roubiliac (1705–1762) stammt. Roubiliac scheidet jedoch aufgrund der nun vorliegenden Ergebnisse aus. Die Davenant-Büste zeigt - wie der medizinische Experte für den kranken Gesichtsausdruck, Prof. Michael Hertl, festgestellt hat - einen ca. 50jährigen Mann. Im Jahre 1613, als Shakespeare 49 Jahre alt war, kehrte ein junger englischer Künstler nach London zurück, der sieben Jahre bei dem holländischen Bildhauer und Baumeister Hendrick de Keyser gelernt hatte und zum bedeutendsten englischen Bildhauer des 17. Jahrhunderts aufstieg: Nicholas Stone (1586–1647). 1613 hat Shakespeare alle seine Angelegenheiten in London geregelt: er verkaufte seine Anteile am Globe Theatre, erwarb ein Torhaus in Blackfriars in London, bei dem es sich um die heimliche Anlaufstelle für flüchtige katholische Priester handelte, fuhr ein letztes Mal nach Rom, um sich dann ganz nach Stratford zurückzuziehen. In diesem Jahr könnte er bei Stone diese ausdrucksstarke Terrakotta-Büste in Auftrag gegeben haben.
Bei dem eingangs bereits erwähnten John Aubrey finden sich auch Angaben über Shakespeares äußere Erscheinung und seinen Intellekt. Es heißt, der Dichter sei ”ein gutaussehender, wohlgeformter Mann” von ”schlagfertigem und geschliffenem Witz” gewesen. Die Davenant-Büste bestätigt dieses Urteil nun auf eindrucksvolle und überzeugende Weise. Sie vermittelt uns ein faszinierendes Gesamtbild vom Aussehen, der Intellektualität und Persönlichkeit William Shakespeares..

Frage: Nachdem Sie alle diese Ergebnisse hatten, kommt eine Ausstellung, die alles in Frage stellt. Ich habe hier einen Zeitungsartikel aus der Financial Times vom 6. März 2006, in dem über die Ausstellung ”Searching for Shakespeare” in der National Portrait Gallery in London berichtet wird. Dort heißt es, dass das Flower-Porträt nicht echt ist.

Die in der Ausstellung der National Portrait Gallery in London vom 2. März bis zum 29. Mai 2006 vorgestellten neuen Forschungsergebnisse sind leider sehr unbefriedigend und halten einer Überprüfung nicht stand. Sehr irritierend ist, daß die zuständige Kuratorin, Dr. Tarnya Cooper, mündlich und schriftlich zu Protokoll gegeben hat (etwa dem in Edinburgh erscheinenden Scotsman am 23. Februar 2006), die meisten Porträts der Shakespeare-Zeit sähen einander sehr ähnlich, was natürlich einfach den Tatsachen widerspricht. Ein Gang durch die National Portrait Gallery (16. und 17. Jahrhundert) verdeutlicht dies sehr anschaulich. Gerade in der Renaissance wurde - wie ich schon hervorhob - absolut veristisch, das heißt lebensgetreu gemalt mit allen pathologischen Veränderungen. Das gilt - wie mein neues Buch zeigt - auch für William Shakespeare.
Tarnya Cooper hat sechs Bildnisse untersuchen lassen: das Chandos-Porträt, das Grafton-Porträt, das Sanders-Porträt, das Flower-Porträt, das Janssen-Porträt und das Soest-Porträt. Tarnya Cooper ließ Röntgen- und Ultraviolett-Aufnahmen anfertigen und Farbanalysen durchführen. Gemäß ihren Ergebnissen haben fünf Porträts den Test nicht bestanden. Nur das Chandos-Porträt könne als echter Shakespeare in Betracht gezogen werden. Das aber ist kein neues Ergebnis.
Beim Chandos-Porträt war bisher der wichtigste Punkt ungeklärt: die Identität des Porträtierten. Dies hat der ehemaliger Direktor der National Portrait Gallery, Sir Roy Strong, in seinem Standardwerk The English Icon: Elizabethan & Jacobean Portraiture (1969) klar konstatiert. Es ist ganz erstaunlich, daß Tarnya Cooper diese Frage überhaupt nicht behandelt hat. Daß es sich aber tatsächlich um Shakespeare handelt, wurde durch die zahlreichen Verfahren zur Identitätsfeststellung eindeutig geklärt, deren Resultate in meinem neuen Buch mit allen Bildbelegen dargestellt werden.
Das Flower-Porträt ist laut Cooper eine Fälschung des 19. Jahrhunderts. Dieses neue Testergebnis widerspricht den Ergebnissen meines Buches Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares. In einem Zusatzkapitel dieses Buches, in dem ich Kopie und Original des Flower-Porträts sowie einzelne Ausschnitte beider Bilder einander gegenüberstelle, konnte ich diesen Widerspruch in klar verständlicher Weise aufklären, und zwar in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Sachverständigen des Bundeskriminalamts sowie einem namhaften Experten für Alte Meister. Daher bleibe ich bei meiner Feststellung, daß es sich bei dem von der erfahrenen Restauratorin Nancy Stocker (Ashmolean Museum, Oxford) im Jahre 1979 restaurierten Flower-Porträt (1609) um ein echtes, detailgetreues Bildnis handelt, für das William Shakespeare aus Stratford-upon-Avon persönlich Modell gesessen haben muß.
Bereits zwei Jahre vor Beginn der Ausstellung hatte ich von dem Ausstellungs-Projekt Kenntnis, auch davon das das Flower-Porträt gestestet und ausgestellt werden sollte. Ich habe damals dem Kurator der Royal Shakespeare Company Collection in Stratford-upon-Avon, David Howells, mitgeteilt, daß das sich das seit einigen Jahren in der dortigen Galerie ausgestellte Flower-Porträt von dem von mir 1996 inspizierten und mehrfach veröffentlichten Original des Flower-Porträts sehr deutlich unterscheidet. Ich informierte ihn über die Expertengutachten, die ich in dieser Sache eingeholt hatte. Der Sachverständige des BKA war nach gründlicher Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei dem seit einigen Jahren in Stratford ausgestellten Flower-Porträt um eine Kopie handeln muß.
Aus diesem Grund habe ich eindringlich davor gewarnt, dieses Bild in den Laboratorien der NPG untersuchen zu lassen. Mr Howells, der mir zuvor schriftlich versichert hatte, daß seit der großen Restaurierung des Flower-Porträts im Jahre 1979 nichts verändert worden sei, versprach, der Portrait Gallery in London diesen Sachverhalt mitzuteilen. Ganz offensichtlich ist dies von der zuständigen Kuratorin Tarnya Cooper aber nicht berücksichtigt worden. Sie ließ die Kopie des Flower-Porträts untersuchen und dann mitteilen, daß die Laboruntersuchungen ergeben hätten, daß es sich bei diesem Bild um eine Fälschung handele.

Was sagen Sie zu den anderen Portäts in der Ausstellung? Sind sie alle echt?

Das Grafton- und das Sanders-Porträt hätten von vornherein ausscheiden müssen, da ihre Gesichtszüge denen der bestätigten Shakespeare-Bildnisse eklatant widersprechen. Als ich vor das Grafton-Porträt vor einigen Jahren dem BKA-Experten Altmann vorlegte, winkte dieser wegen der völlig verschiedenen Nasen sogleich ab, so daß sich alles andere erübrigte. Im Fall des Sanders-Porträts hat er sich nach Anwendung der Spezialverfahren des BKA gutachterlich geäußert, und die Identität mit den bestätigten Wiedergaben Shakespeares eindeutig verneint. Für das Janssen-Porträt, von dem Tarnya Cooper meint, es sei das Bildnis eines unbekannten Gentleman, möglicherweise Thomas Overbury (1581-1613), wurde von Altmann ebenfalls gründlich getestet. Es weist - wie das angewendete Trickbilddifferenzverfahren zeigt - ganz erstaunliche Übereinstimmungen mit der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske auf und könnte, so der Experte, anerkannt werden, wenn nähere Angaben über seine Herkunft und Geschichte gemacht werden könnten, die die Testergebnisse Ergebnisse bestätigen.

Frau Professor Hammerschmidt-Hummel, wir bedanken uns für das Gespräch.

 

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