Hildegard Hammerschmidt-Hummel - Homepage
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Aktualisiert: 17. September 2013 / updated: 17 September 2013

Radio-Sendungen / Radio-Programmes

„Neue Shakespeare-Büste“, Anja Höfer im Gespräch mit Hildegard Hammerschmidt-Hummel, „Journal am Mittag“, SWR2 (27. Februar 2006).

AH: Spekulationen über Shakespeare haben eine lange Tradition. Und der große britische Dramatiker und Dichter bietet dafür ja auch die besten Voraussetzungen. Es ist fast vierhundert Jahre tot. Er hinterließ ein zeitloses geniales Werk, aber über sein Leben da wissen wir immer noch ziemlich wenig. Das geht schon los bei der Frage, wie Shakespeare wohl ausgesehen hat. Licht in dieses Dunkel bringt jetzt Hildegard Hammerschmidt-Hummel, Professorin für Anglistik an der Uni Mainz. Sie will die Echtheit einer Büste nachgewiesen haben, die noch zu Shakespeares Lebzeiten entstanden sein soll und die seine Züge angeblich naturgetreu wiedergibt. Frau Hammerschmidt-Hummel, um was für eine Büste handelt es sich da?

HHH: Es handelt sich um die sogenannte Davenant-Büste, eine Büste aus Terrakotta, die im 19. Jahrhundert aufgefunden wurde und die man bisher für ein Werk eines Künstlers aus dem 18. Jahrhundert gehalten hat.

AH: Und was macht Sie so sicher, dass es eine Büste aus der Zeit Shakespeares ist, aus seiner Lebenszeit und dass die auch die authentischen Züge wiedergibt?

HHH: Ich bin insofern ganz sicher, als wir sämtliche Verfahren zur Feststellung der Identität durchgeführt haben, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen des Bundeskriminalamts. Es ist so, daß diese neue Büste, die Davenant-Büste, verglichen wurde nicht nur mit den beiden Werken, die die Ausgangsbasis darstellen, das ist der Porträtstich in der ersten Werkausgabe und die Grabbüste des Dichters, sondern auch mit den bereits für echt befundenen Bildnissen, nämlich mit dem Chandos-Porträt, dem Flower-Porträt und der Darmstädter Shakespeare-Totenmaske - also alle Bildnisse, die in Frage kommen und die echt sind, wurden herangezogen. Und das Ergebnis war ganz verblüffend. Im Detail stimmen sämtliche Merkmale überein ...

AH: Welche Merkmale sind das denn vor allem?

HHH: Nasenflügel, Stirn, Augenbrauenbogen, die Lidspalte, die Lidplatten, auch der Lidplattenanteil. Wenn man das schneidet - und der BKA-Experte hat beispielsweise den Schnitt gelegt durch das linke Auge und dabei festgestellt eine ganz überraschende Übereinstimmung, einen harmonischen Übergang von etwa dem Chandos-Porträt zur Davenant-Büste, vom Flower-Porträt zur Davenant-Büste, also die kleinen feinen Details, die nur übereinstimmen können, wenn Identität vorliegt.

AH: Ja, wie sah William Shakespeare denn nun aus nach Ihren Erkenntnissen?

HHH: Also die Davenant-Büste ist das mit Abstand eindrucksvollste Bild, wenn man die Totenmaske einmal ausklammert, das überhaupt von Shakespeare existiert. Und dieses Ergebnis, was wir aufgrund der Echtheitsnachweise für die Davenant-Büste nun besitzen, das wird sozusagen schon von den Zeitgenossen bzw. der nachfolgenden Generation im 17. Jahrhundert bestätigt, wo es heißt, Shakespeare sei ein wohlgeformter, gutaussehender Mann gewesen, zudem ein sehr guter Gesellschafter und er habe einen sehr schlagfertigen und geschliffenen Witz gehabt. Alles dies findet sich jetzt in diesem neuen Bildnis, bei dem es sich im übrigen um ein Repräsentationsbildnis handeln muß, was Shakespeare ganz offensichtlich selbst in Auftrag gegeben hat.

AH: Diese Woche wird in London in der National Porträt Gallery die Ausstellung „Searching for Shakespeare“ eröffnet. Auch da geht es um die Forschungslage zu den bekannten Shakespeare-Porträts. Eins ist das Flower-Porträt, wohl eins der bekanntesten und am häufigsten nachgedruckten Shakespeare-Porträts. Und ausgerechnet das soll nun eine Fälschung sein. Das gab jetzt die Kuratorin der Ausstellung in London bekannt. Sie halten das Flower-Porträt für echt.

HHH: Ich halte das in der National Portrait Gallery untersuchte Flower-Porträt auch nicht für echt. Allerdings liegt das daran, daß ich meine, man habe ... eine Kopie untersucht. Man kann da ganz sicher sein, weil ich das Original-Flower-Porträt 1996 persönlich inspiziert habe, und ich besitze auch ein Ektachrom, das ist ... ein Diapositiv wie es für Ausstellungskataloge verwendet wird, und ich weiß, wie das Original-Flower-Porträt aussehen muß ... Das Porträt, das seit einigen Jahren ausgestellt wird als das Flower Porträt, das ist ganz offensichtlich eine Kopie. Ich habe diesen Sachverhalt durch Experten überprüfen lassen, und es ist der langjährige Sachverständige des Bundeskriminalamts, der ganz sicher ist, daß es sich bei dem Exponat, das jetzt auch in der Ausstellung in London präsentiert wird, „um eine Kopie handeln muss“.

AH: Und wo ist dann das Original?

HHH: Das kann ich leider nicht sagen. Ich habe aber die ... zuständigen Stellen rechtzeitig informiert, vor allen Dingen den Eigentümer. Ich habe Kontakt aufgenommen mit David Howells, das ist der Kurator der Royal Shakespeare Company Collection und habe ihm die Ergebnisse mitgeteilt. Er hat mir seinerseits versichert, daß er das ganze an die National Portrait Gallery weitergeben werde. Aber offensichtlich sind die Dinge wohl nicht so ernst genommen worden. Es ist so, daß meine These ... ja nachgerade bestätigt wurde. Ich bin selber [in meinem Buch] so vorgangen, daß ich beide Versionen, das Original-Flower-Porträt, bei dem es sich um eine alte ganz dünne, an den Rändern etwas ausgefressene Tafel handelt, daß ich dieses Original der Kopie gegenüberstelle und auch einzelne Ausschnitte, so daß sich eigentlich jeder Betrachter sein eigenes Bild machen kann.

AH: Wie sah Shakespeare aus? Es bleibt also spannend. Neues zum Thema war das von der Mainzer Anglistin Hildegard Hammerschmidt-Hummel. Ihr Buch heißt: Die authentischen Gesichtszüge William Shakespeares und ist gerade im Georg Olms Verlag erschienen.

 

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